Männerchor auf neuen Wegen

Konzentriert blicken die Männer auf ihre Notenblätter. Bernhard van Almsick stoppt. Er schaltet eine Aufzeichnung ein: Noch einmal hören die 28 den Weg nach, den ihnen ihr Chorleiter gerade durch die Takte gewiesen hat.

Montagabend, 19.30 Uhr: Der Projektchor probt im Dachgeschoss der Stadtlohner Musikschule - gregorianische Themen, eine Messe von Maurice Durufle. Ein neuer Ansatz, und nicht der einzige: Auch der Stadtlohner Männerchor geht neue Wege. Viele aus seinen Reihen singen auch im Projektchor mit.

Die Zeiger rücken auf 20 Uhr vor. Schichtwechsel, die Probe des Männerchors beginnt: Einige Sänger verlassen den Raum, viele neue kommen herein. Scherze fliegen durch die Luft. Längst nicht alle Männer tragen graue Haare: Viele jüngere holen Notenblätter aus der Tasche. "Wir sind vom Alter her eine ganz gemischte Truppe", erzählt einer.
 
Das weiß "draußen" aber nicht jeder. Gerade die jüngeren Sänger ernten manchmal überraschte Reaktionen: "Da singst Du mit?". Ja, da singen sie mit: "Weil es Spaß macht."

Das althergebrachte Bild des Männerchores wirkt in Deutschland mitunter etwas angestaubt. "Männerchor" - das stand früher auch für eine gesellschaftliche Institution. Das Image von einst hat aber nur noch bedingt mit der Wirklichkeit von heute zu tun. Freundschaft und Geselligkeit hält der Stadtlohner Männerchor zwar immer noch hoch. Im Mittelpunkt steht aber die Musik.

"Die Traditionspflege kommt zwar nicht zu kurz, wir probieren aber auch vieles aus", unterstreicht Chorleiter Bernhard van Almsick. Der Chor sucht sich Themen: Beim jüngsten Konzert zum Beispiel ging es um "Amerika". Zwei mal pro Jahr tritt der Chor auf: Höhepunkte, auf die die Männer hinarbeiten. "Klar ist man da anfangs nervös", bekennt sich selbst ein "gestandener" Sänger zum Lampenfieber. Aber das gehöre dazu.

Auf der Bühne sollen sich die Männer auf ihre Stimme als ihr Instrument verlassen können. Wichtigste Voraussetzung dafür: üben. "Mi-mi-mi-mi": Jetzt singt sich der Chor für die Probe ein. Bernhard van Almsick leitet das "Aufwärmtraining"- wie ein Trainer, der die Muskeln seines Teams in Schwung bringt.

Und wie ein Coach im Amateursport weiß auch er: "Ich habe es ja hier nicht mit Profis zu tun." Jeder kann mitsingen. Van Almsick schafft es, die Spanne zwischen den unterschiedlichen Fähigkeiten zu überbrücken. Er führt den Chor zu einem Ganzen zusammen und sichert die Qualität: "Es geht immer um den Gehalt einer Komposition."

 

Van Almsick: "Jetzt kann man gut einsteigen"

In zwei Jahren feiert der Stadtlohner Männerchor seinen 90. Geburtstag. Kein betagter Senior, sondern ein agiler Klangkörper: Er will weiter seinen Weg zwischen Tradition und Moderne gehen. Als nächstes steht ein Klassiker an: das Weihnachtskonzert. Im Mai gibt es einen Auftritt "open air", im Herbst 2011 folgt ein szenisch-musikalischer Abend: Der Männerchor bleibt in Bewegung.

Wer mitmachen will, ist willkommen, sagt van Almsick: "Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, einzusteigen." Auch für diejenigen, die nur mal hineinschnuppern und sich vom Zauber der Musik berühren lassen wollen.

Chorleiter weist Weg in die Zukunft

Wie jetzt, wo sich die Stimmen wieder vereinen, die Dynamik zwischen zarten und kraftvollen Klängen ausloten, dem Pfad der Noten folgen, gewiesen von einem Chorleiter, der sie nicht nur durch das Blatt auf ihrem Notenpult führt, sondern auch in die Zukunft.

 

Bericht und Fotos: Thorsten Ohm